Wenn sich Amt und Ambition vermischen, bleiben die wirklichen Dinge auf der Strecke. Dies ist gerade anschaulich zu beobachten bei der Bildungspolitik aus dem Kultusministerium unter CDU-Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann.

Wo es um Wählerstimmen geht, wird gesunder Menschenverstand genau wie wissenschaftliche Erkenntnisse zurückgestellt. Genau das passiert zurzeit im Stuttgarter Kultusministerium – in einer seit zehn Monaten schlecht gemanagten Schule@Corona, die alle Beteiligten schlaucht und die dabei ist, die Zukunftspläne vieler junger Menschen zu zerstören.

Seit zehn Monaten fordern die Schulwelt und deren Vertretungen quasi unisono einen intensiven und vor allem konstruktiven Austausch zur Situation der baden-württembergischen Schulen in der Pandemie. Denn ein sogenannter schulischer „Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen“, den Lernende und Lehrende seit nunmehr 46 Wochen leben müssen, hat mit Normalität oder den bisher bekannten Bedingungen von Schule rein gar nichts zu tun.

Nicht erst seit dem letzten Frühjahr macht die Kultusministerin auf ihrem Posten eine mehr als unglückliche Figur und lässt jede Kenntnis von Schule und ihren innersten Zusammenhängen vermissen. Oder ist es Desinteresse auf dem Weg nach oben? Anders ist es kaum zu erklären, dass sie sich gegen die gerade erst verfügte Schließung aller Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen im Land sträubt – und doch keine vernünftigen Lösungsvorschläge vorlegt. Angesichts nach wie vor hoher Infektionszahlen und einer neuen Virus-Mutation, die Schlimmes befürchten lässt, wird Schule so für 1,5 Milllionen Kinder und deren Eltern genau wie für rund 120.000 Lehrerinnen und Lehrer mit ihren Familien zum absoluten Albtraum.

Wenn die Kultusministerin seit einigen Wochen lauthals verkündet, „die Kinder nicht aus dem Blick verlieren“ zu wollen, klingt es nach einer ordentlichen Portion Kreide, die da geschluckt wurde. Die angebliche Sorge ihres Ministeriums um die Jüngsten und Jungen im Land beschränkt sich seit dem Ausbruch der Pandemie auf das kurzfristige Verkünden von Verordnungen und die Beschneidung von kreativen Lösungsansätzen und der enormen Eigeninitiative, die an vielen Schulen entwickelt wurden. Eine Aufstockung von Schulsozialarbeit fehlt ebenso wie eine Berücksichtigung der besonderen Bedingungen von Inklusion oder die Situation an Schulen für Kinder mit Handicap.

Insgesamt muss der Blick der Kultusministerin auf Kinder und Familien und dessen unzulässigen Verallgemeinerungen weite Teile der Bevölkerung erschrecken: Es wird ein Bild von Überforderung, Vernachlässigung und Gewalt gezeichnet, das mit der Lebensrealität der meisten Familien rein gar nichts zu tun hat. Niemals zuvor haben sich die Kultusministerin oder ihre CDU-Parteikollegen, die früher den Job innehielten, durch besonderen Einsatz für jene Kinder und Jugendlichen ausgezeichnet, die unser Bildungssystem produziert oder als Verliererinnen und Verlierer billigend in Kauf nimmt.

Es ist zudem bemerkenswert, wie der Präsenzbetrieb von Schule in seiner sozialen Wirkung gerade überhöht wird – und zugleich in besseren Zeiten vor der Pandemie nichts dafür getan wurde, dass sich die Bedingungen von Schule und Unterricht wirklich verbessern. Die Bildungspolitik im Land tritt in dieser Legislaturperiode auf der Stelle. Und wir wissen alle: In dieser schnelllebigen Welt ist Stillstand Rückschritt. Neben klaren Konzepten, Szenarien und Unterstützungssystem für die Schule@Corona ist die wissenschaftliche Aufarbeitung der psychologischen Auswirkungen eines schulischen „Regelbetriebs unter Pandemiebedingungen“, aber auch von regulärem Unterricht mit Leistungsdruck, Versagensangst oder Mobbing, überfällig. Doch dafür müsste sich die amtierende Kultusministerin zunächst zum Prinzip der Wissenschaftlichkeit bekennen.

Ideen, um die nachteiligen Wirkung der Pandemie in den Schulen abzufedern und die Kinder in dieser schwierigen Zeit zu unterstützen, gibt es jede Menge. Dazu gehört der Einsatz von Studierenden genau wie die Überarbeitung von Stoffplänen und Prüfungsanforderungen oder endlich auch praxistaugliche Angebote der neuen Landesinstitute für Bildungsqualität, die die Ministerin mit großem Brimborium eingeführt hat und die ihre Antwort auf die Schule@Corna nach wir schuldig bleiben. Denkbar wäre auch die Einbindung anderer Berufsgruppen in die Betreuungsaufgabe von Schule wie Menschen aus der Kultur- und Kreativbranche, die ohnehin gerade ohne Beschäftigung sind und eine neue Aufgabe und ein eigenes Einkommen gut gebrauchen könnten.

Eines ist klar:

Es braucht Kreativität und Mut, um die baden-württembergischen Kinder und ihre Schulen möglichst schadlos durch die Pandemie zu bringen. Starke Worte und trotzige Pressekonferenzen bringen weder die Menschen noch das Land voran. Insofern wird es Zeit, dass in der Landespolitik Vernunft und gesunder Menschenverstand wieder mehr Raum bekommen.

Gerne möchte diese nach Stuttgart bringen. Deshalb am 14. März Petra wählen!